Direkt zum Seiteninhalt springen
Zur Presseverteilerseite

Berlin | 26.11.2020

Jahresbericht der Drogen­beauf­tragten der Bundes­regierung 2020

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, hat heute in der Bundespressekonferenz ihren Jahresbericht 2020 vorgestellt. Hier finden Sie die Schwerpunktthemen und den vollständigen Bericht zum Download.

Den vollständigen Jahresbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung 2020 können Sie hier herunterladen: barrierefreies PDF, 8,44 MB, das Statement der Drogenbeauftragten dazu lesen Sie hier. Im Weiteren lesen Sie eine Auswahl der Schwerpunktthemen des Jahresberichts.

Prävention - Tabak und E-Zigaretten

Die erste Säule unserer deutschen Drogenpolitik ist die Prävention (unsere Themenseite zur Nationalen Strategie der Drogenpolitik finden Sie hier). Präventionsmaßnahmen verfolgen den Zweck, den Einstieg in den Konsum legaler und illegaler Drogen zu verhindern bzw. hinauszuzögern und ein riskantes Konsumverhalten, einen Suchtmittelmissbrauch frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren. Im Rahmen seiner Zuständigkeit trifft der Bundesgesetzgeber regulierende Vorkehrungen zur Verfügbarkeit, zur Sichtbarkeit und zum Umgang mit Suchtstoffen (Verhältnisprävention). Hinzu kommen verhaltensbeeinflussende Maßnahmen, etwa die Aufklärungsarbeit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Auftrag der Bundesregierung (Verhaltensprävention).

Neue Werbegrenzen für Tabakprodukte und E-Zigaretten

In diesem Jahr gelang, was in der vergangenen Legislaturperiode noch an Widerständen aus dem Deutschen Bundestag gescheitert war. Am 2. Juli 2020 wurde im Parlament ein von den Regierungsfraktionen eingebrachter Entwurf für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes verabschiedet. Am 18. September 2020 hat auch der Bundesrat dem Gesetzentwurf zugestimmt.

Nach der bislang geltenden Rechtslage war die Werbung für Tabakerzeugnisse und nikotinhaltige elektronische Zigaretten in den Diensten der Informationsgesellschaft (vor allem im Internet), in Hörfunk und Fernsehen sowie in Printmedien mit Ausnahme von Fachzeitschriften des Tabakhandels und Rauchergenussmagazinen unzulässig. Auch das Sponsoring von grenzüberschreitendenden Veranstaltungen war bereits länger verboten.

Das Gesetz sieht folgende Neuerungen vor:

  • Ein Verbot der Außenwerbung für herkömmliche Tabakprodukte ab dem 1. Januar 2022, für neuartige Tabakerzeugnisse (Erhitzer) ab dem 1. Januar 2023 und für (nikotinhaltige und -freie) E-Zigaretten ab dem 1. Januar 2024. Ausgenommen sein soll lediglich die Werbung an Außenflächen des Fachhandels,
  • ein Verbot der Kinowerbung bei Filmen mit einer FSK unter 18 ab dem 1. Januar 2021,
  • ein Verbot der gewerbsmäßigen Ausspielung und der kostenlosen Abgabe von Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen und Wasserpfeifentabak außerhalb der Geschäftsräume des Fachhandels ab dem 1. Januar 2021,
  • ebenfalls ab dem 1. Januar 2021 eine Ausdehnung des Verbots der audiovisuellen Werbung von nikotinhaltigen E-Zigaretten auf nikotinfreie.

Insbesondere auf Jugendliche hat Werbung eine besonders starke Wirkung. Kinder und Jugendliche sind sensibel für Tabakwerbung beziehungsweise Werbung für andere nikotinhaltige Produkte. Bereits ein älterer Cochrane-Report (Link zur Cochrane Library) fand 19 verwertbare Studien mit mehr als 29.000 Rauchern, die den Einstieg in den Tabakkonsum mit der Verfügbarkeit von Werbung in Verbindung brachten.

Die Wahrnehmung von Werbung 12- bis 17-jähriger Nichtraucher geht nach einer Studie an über 10.000 Jugendlichen mit einem höheren Risiko für einen späteren Tabakkonsum einher. Gleiches gilt für Werbung für E-Zigaretten: Auch diese erhöht das Risiko für einen späteren Tabakkonsum.

Der Einbezug von E-Zigaretten in die Werbeverbote ist auch deshalb wichtig, weil der Effekt von E-Zigaretten als Einstiegsdroge
bei Jugendlichen größer ist, als bislang angenommen. Jugendliche experimentierten häufiger mit konventionellen Zigaretten, wenn sie zuvor E-Zigaretten konsumiert hatten.

Rauchen ist trotz aller Präventionserfolge noch immer das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in unserer Gesellschaft. Im Jahr 2018 starben, dies hat eine Berechnung ergeben, circa 127.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Dies sind 13,3 Prozent aller Todesfälle in Deutschland.

Rauchen ist der wichtigste vermeidbare Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, Krebs und Diabetes.
Rauchen ist die bedeutendste Ursache für chronisch obstruktive Lungenerkrankungen – COPD (zu den gesundheitlichen Auswirkungen insgesamt DKFZ, Tabakatlas Deutschland 2020). Es verursacht verschiedene Krebsarten, wobei die Lunge in besonderem Maße betroffen ist. Bis zu 90 Prozent aller Lungenkrebsfälle sind auf das Rauchen zurückzuführen.

Gerade während der durch das SARS-CoV-2 verursachten Pandemie hat sich gezeigt, welche weiteren zusätzlichen Gesundheitsgefahren mit dem Rauchen verbunden sind. Raucherinnen und Raucher gehören zu dem Personenkreis, für den ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 besteht. So empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als eine wichtige SARS-CoV-2-Präventionsmaßnahme, den Tabakkonsum zu beenden.

Behandlung: Corona und Sucht

Die wohl zentrale Herausforderung für Leistungs- und Kostenträger in der Suchthilfe besteht zurzeit darin, die Durchführung der Maßnahmen der Suchtbehandlung trotz der mit der Coronakrise verbundenen Gefahren und Anforderungen zu sichern. Gerade zu Beginn der Krise kam es zu bzw. drohten vielfältige Einschränkungen. Hintergrund waren etwa die COVID-19-Verordnungen der Bundesländer, die Krankenhausplanung, Regelungen der Renten- bzw. Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oder der bloße Mangel an Schutzausrüstung.

Nach einer kurzen Phase der Orientierung und der Intervention seitens der Drogenbeauftragten machten sowohl die Rentenversicherung als auch die GKV deutlich, dass Leistungen für suchterkrankte Menschen grundsätzlich weitergeführt und auch neue Leistungen bewilligt werden sollten. Die Leistungsträger haben dazu Empfehlungen für die Durchführung der Leistungen einer (ganztägig) ambulanten und stationären Rehabilitation Abhängigkeitskranker herausgegeben.

Ziel ist es dabei, auch zu Zeiten der Pandemie erforderliche Leistungen nahtlos zur Verfügung zu stellen, und zwar in den Teilbereichen „stationäre Rehabilitation“, „ganztägig ambulante Rehabilitation“, „ambulante Rehabilitation“ und „Suchtnachsorge“. Zudem bietet die Deutsche Rentenversicherung eine spezielle Beratung zu den mit Corona verbundenen Fragen in ihrem Bereich an. Ganz wesentlich ist es in der Pandemie, die Substitutionsbehandlung weiterhin uneingeschränkt zu ermöglichen. Daher wurden mehrere Regelungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV)
an die besondere Situation angepasst.

Jahresbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung